Wieso Routinen und Copy-and-Paste?
Der Befehl „Copy-and-Paste“ beschreibt das Übertragen von bereits Erarbeitetem in einen neuen Kontext.
Ein scheinbar kleiner Befehl, den wir alle täglich, fast schon nebenbei, nutzen. Und das nicht nur bei der Text- und Bildbearbeitung, sondern auch in unserem täglichen Handeln. Hier nennen wir die festen, oft automatisierten, Handlungen Routinen oder Gewohnheiten.
Definitiv jedoch retten uns Routinen vor einer Überforderung bei Aufgaben, die wir bereits erfolgreich gelöst haben. Und sie geben uns Kraft an neuen oder mehreren Dingen dran zu bleiben.
Würden wir z.B. alle anfallenden Dinge nach dem Aufwachen ganz bewusst entscheiden und durchführen(also Bettdecke zurückschlagen, Aufstehen, ins Bad gehen, Zahnbürste in die Hand, Zahnpasta... na, du weißt schon.), würden wir unsere Ressourcen schnell verbrauchen. Hier sparen Routinen uns Zeit, Energie und lassen uns mehr Raum für neue Dinge und bewusste Entscheidungen. In diesem Fall sprechen wir gerne über "gute Routinen".
Gleichzeitig können Routinen auch vieles verhindern. Wusstest du, dass durchschnittlich 70% unserer heutigen Gedanken identisch sind mit denen von gestern? Oder, dass über 90% unserer Entscheidungen unbewusst getroffen werden? (Wood/Jefffrey/Kashy (2002); Zaltmann (2003)) Das heißt, dass wir oft gar nicht bewusst mitbekommen, wenn wir Entscheidungen treffen. Das kann zu impulsiven und unbewusstem Handeln führen, mit dem wir sogar gegen uns selbst und die uns gesetzten Ziele agieren. Auch dafür sind Routinen verantwortlich: wir haben bereits in ähnlichen Situationen gelernt uns zu entscheiden und folgen diesem Weg und den für uns gesetzten Regeln. Das ist natürlich eine sehr verkürtze Ausführung. Das nennen wir dann "schlechten Routinen".
An sich sind Routinen jedoch weder gut noch schlecht, sondern schlicht gelernte Abkürzungen. Die gute Nachricht, alles was wir lernen, können wir umlernen. Zumindest alles, was den Anfang auf einer bewussten Ebene genommen hat.
Hier sind drei konkrete Schritte:
1. Werde dir bewusst, wo du Routinen hast. Welche Entscheidungen triffst du super schnell und ohne groß nachzudenken? Beobachte, ob dir diese Entscheidungen dienlich sind (= gut tun) oder dir im Weg stehen. Nachmittagskaffee+ hektisch E-Mails beantworten + Süßes im Office z.B. könnten eine schlechte Routine sein, die bereits ein Selbstläufer geworden ist.
2. Setze dir ein neues Ziel. Bleiben wir bei unserem Beispiel vom Kaffee + E-Mails+ Süßigkeit, könnte dein neues Ziel sein: Bewusst Kaffee für eine Pause nutzen. Plane dir zuerst kleine Schritte in bekannten Situationen ein. Im Stress greifen wir nämlich ganz automatisch auf unsere Routinen zurück. À la: Kenne ich/ Mache ich. Dein erster Schritt zum Ziel könnte z.B. sein: "Ich trinke meinen Kaffee bewusst, nasche ein wenig und schaue dabei aus dem Fenster."
3. Gib' dir Zeit. Eine Routine zu entwickeln dauert im Schnitt 66 Tage. (Lally/ Van Jaarsveld/Potts/Warle (2009)). In dieser Zeit wird sich dein Ziel nicht auf magische Weise erfüllen und du wirst immer wieder in alte Verhaltensweisen zurückfallen. Das ist völlig ok. Allein die Tatsache, dass dir dein altes Verhalten aufgefallen ist, ist ein Fortschritt. Zum weiteren Lernen kannst du die 3 Schritte einfach im Mini-Format zum Lernen nutzen: 1. Abweichungen beobachten, 2. An Ziel erinnern; ggf. das Zwischenziel noch kleiner machen, 3. Üben, Üben, Üben.
Du wirst sehen, dass nach kurzer Zeit zwei Dinge passieren: du wirst achtsamer hinsichtlich deiner Entscheidungen und du lernst neue Ziele für ein gewünschtes Verhalten zu formulieren. Beides wird dir dabei helfen "gute" Routinen für dich zu entwickeln, die dich bei deinen Aufgaben unterstützen.
(Zu diesem Text wurde ich zdurch den Tod von Larry Tesler, dem Erfinder des Copy-and-Paste, inspiriert. Juli 2021)